- Donnerstag, 23 Mai 2024, 22:45 Uhr | Lesezeit ca. 3 Min.
Schausteller-Urgestein hebt in Plauen mit Kettenflieger ab
Einsteigen und Abheben
Für Alt und Jung, der richtige Schwung! So oder so ähnlich hat es Martin Hammerschmidt schon unzählige Mal in sein Handmikrofon gesprochen. Der Kettenflieger des 78-jährigen Schaustellers prägt seit Jahrzehnten das Bild auf den Rummelplätzen im Vogtland. Als einer der Dienstältesten der Schausteller-Gilde gastierte er jüngst in seiner Heimat auf dem Plauener Vogelschießen.
Mit 78 noch Schausteller
Das Kettenkarussell ist sein Leben. Zusammen mit seinem Bruder stammt Martin Hammerschmidt aus einer Schausteller-Familie heraus. Vom Vater übernahm er vor Jahrzehnten das im Jahr 1912 erbaute Kettenkarussell. Den sogenannten Kettenflieger betreibt er zusammen mit seiner Tochter Doreen und sorgt damit für Spaß bei großen und kleinen Rummelbesuchern. Während andere in seinem Alter den wohlverdienten Ruhestand genießen, steht das vogtländische Original mit seinen achtundsiebzig Lebensjahren auf rund einem dutzend Festplätzen in der Volksfestsaison. Der traditionelle Kettenflieger ist der Lebensmittelpunkt von Vater und Tochter Hammerschmidt.
Kettenflieger von Kind an
Schon als zwölfjähriges Kind stand der damals kleine Martin mit auf dem Karussell und half mit beim Auf- und Abbau. Mit den Jahren kamen immer mehr Vorschriften und wie auch in anderen Branchen, müssen die Schausteller stetig steigende Ausgaben verkraften. „Alle zwei Jahr ist Haupt-TÜV. Einen Haufen Auflagen hat man. Vor zwei Jahren bei der großen TÜV-Abnahme mussten EU-Vorschriften eingehalten werden. Das hat tausende Euros gekostet. Alle damaligen Auflagen habe ich erfüllt. Es wird immer härter“, spricht sich das Schausteller-Urgestein den Frust von der Seele.
Doch nicht nur die Bedingungen sind härter als früher, auch das Konsumverhalten der heutigen Generation macht das Leben der Schausteller nicht einfacher. „Jeden den ich treffe, fragt mich, wann geht es wieder los, wann seit ihr wieder da? Darauf sage ich, ihr besucht mich ja nicht. Ihr kommt ja nicht mehr. Oder ihr kommt, guckt und geht wieder nach Hause. Ihr bläkt immer, dass nix los ist. Ihr wollt neues Zeug haben und dann wenn Neuheiten da sind, dann interessiert es niemand“, schildert Martin Hammerschmidt ehrlich die Dialoge mit seinen Kunden.
Steigende Kosten und Nachwuchssorgen
Ähnlich wie bei seinem Karussell drehen sich die Gedanken bei dem 78-Jährigen auch um eine Weiterführung des Schaustellerbetriebs. „Kein Nachwuchs! Wer soll denn das machen? Das sind Tatsachen, wenn ich jemanden meinen Kettenflieger gebe, der muss das genauso Handhaben wie ich es gemacht habe. Das ist eben das Problem heute. Jahrelang betreibst Du das Geschäft und eines Tages musst Du wirklich nachdenken, ob dann mal Schluß ist. Die Leute begreifen es nicht, vor allem die Vogtländer. Die bläken immer, dass wir kommen sollen. Es geht nicht mehr. In Zukunft wird es den Kettenflieger der Familie Hammerschmidt so nicht mehr geben“, gibt Schausteller Martin Hammerschmidt eine düstere Zukunftsprognose ab. Dennoch reist in diesem Jahr der Kettenflieger der Familie Hammerschmidt auf verschiedene Feste im Vogtland und dreht auch bei der Sternquell-Wiesn vom 6. bis 8. September ebenfalls auf dem Festplatz in Plauen seine Runden.