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Spitzengeschichten
  • Sonntag, 29 Juli 2012, 01:23 Uhr | Lesezeit ca. 4 Min.

Voigtland – strategisches Durchgangsland

Spitzengeschichte 19

Alte EicheDas Egerland wurde schon ab dem 10. Jahrhundert von Deutschen besiedelt und im Zuge der Ostkolonisation von Bayern aus missioniert. Leicht könnte deshalb sein, dass das Egerland damit eher deutsch besiedelt war, als der Gau Dobna um plave.

Es fiel 1167 durch Heirat an Kaiser Barbarossa (Rotbart), der die Burg Eger als Kaiserpfalz (ab 1277 Reichsstadt) ausbaute. Bereits 1149, sieben Jahre vor Leipzig also, erhielt Eger das Marktrecht. Noch heute findet man auf dem Weg nach Eger die mittelalterliche Burg skalna (Wildstein) an der alten Handelsstraße, die man die „Leipziger Straße” nennt. Eger kam 1322 an Böhmen.

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Mit der Errichtung Egers als Kaiserpfalz und der Ausweitung des kaiserlichen Reichslandes bis vor die Tore von Leipzig bewies Barbarossa strategisches Gespür. War doch die schiere Unüberwindlichkeit des Fichtelgebirges bereits seit den Karolingern Legende. Er sicherte sich damit die Präsenz in einem Land, das zwischen dem Harz im Norden und dem Böhmerwald im Süden das bevorzugt, bequeme Durchgangsland nach Osten war. Durch das Land an der Elster führte von Alters her die alte Reichsstraße. Bronzezeitliche Bodenfunde belegen, dass bereits in jener frühen Epoche zwischen Skandinavien und der Levante Waren ausgetauscht worden sind, die ihren Weg durch Mitteleuropa genommen haben.

Am Verlauf der alten Karawanenstraßen, besonders an Flußquerungen bildeten sich Siedlungen und Befestigungen heraus. Eine jener alten Transitrouten, die sich daraus entwickelt hat, ist die via imperii (Reichsstraße). Sie verband, hammaburg (Hamburg), lipsk (Leipzig) und nourenberc (Nürnberg) berührend, den skandinavischen Norden mit dem mediterranen Süden. Unabhängig davon, durch welchen Herrschaftsbereich sie führte, die Reichsstraße genoss überall den Status einer Reichsangelegenheit, stand also unter dem Schutz des Kaisers. Diese via imperii querte am Fuße der Eversteinschen Burg die Elster, führte hinauf ins Egerland. Sie erfüllte in gewissen Zeiten hauptsächlich ihren Zweck als Heerstraße.

Auf ihr rückten die fränkischen Kolonisatoren in Richtung Osten vor, gen Westen wurde sie von den Ungarn für ihre räuberischen Streifzüge tief ins Innere des Ottonischen Reichs benutzt. Ließen sich im Elsterland auch keine bedeutenden Schlachten führen oder eine vielköpfige Bevölkerung besteuern, so erreichte man über die sanft abfallenden Hügel des Elstergebirges zwischen egire und plave mit schwerfälligen Ritterheeren, oder dem vielrädrigen Kaisertross, Leipzig und entlang des Flusses Öhre die Stadt Prag. Kein Wunder also, dass sich hier auch nach Barbarossa die Prominenz die Klinke in die Hand gab.

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Alte KarteDoch zunächst ist denkbar, dass Barbarossa selbst nach dem ersten Reichstag im Juni 1179 die Reichsstraße von Eger und damit den Flussübergang bei plave, auf seinem Weg nach Magdeburg nahm. Auch die gefürchteten Hussiten durchzogen und verwüsteten 1430 das Voigtland und nahmen Plauwen ein, in der Stadt sprach man von Hussitennot. Plawen durchwanderte zur Reformationszeit der Rebell Thomas Müntzer auf dem Weg zu seinen hussitischen Brüdern in Böhmen, um auf dem Rückweg seine sächsischen Brüder, die Zwickauer Schwärmer, zu besuchen. Die Heere von General Holk und General Gallas nahmen 1632, im Dreißigjährigen Krieg, in Blawen Quartier und hielten sich durch Plünderungen schadlos. Oelsnitz und Adorf werden verwüstet. Albrecht von Wallenstein, Herzog von Friedland, durchzog selbst am 12. Oktober des gleichen Jahres mit seiner Hauptarmee die Stadt.

Napoleon nahm 1812 auf seinem Zug nach Russland in der Königstraße 13 (heute Heimatmuseum) Quartier. Napoleoneiche nannte man den uralten Baum, der bis 1972 an der alten Heerstraße stand. Der Sachsenkönig Albert nutzte die strategische Lage des Vogtlandes, als er 1903 Plauen zu einer mächtigen Garnisonsstadt für sein 134. Infanterieregiment ausbaute. Auch die Sowjets wussten es. Sie stationierten hier nach 1945 eine ihrer schärfsten Garde-Panzer-Divisionen. War doch die „Plauener-Hofer-Pforte” das einzig panzergängige Gelände nach Südeuropa.

Diente die via imperii in der Vergangenheit überwiegend als Heerstraße, so gewann sie durch die Entwicklung der Hansestädte im Ostseeraum und den anwachsenden Orienthandel via Oberitalien unter Kaiser Barbarossa als Handelsstraße zunehmend an Bedeutung. Davon sollte Plauen als Stadt der Schleiermacher und Baumwollhändler Jahrhunderte später profitieren. (ce)

Die Redaktion bedankt sich bei Achim Leißner für die Zuarbeit.

16.09.2008, Foto-Eiche: Napoleon-Eiche in einer Aufnahme von 1972. Sie stand am alten Handelsweg ins Egerland, an der alten Oelsnitzer Landstraße, die direkt von der alten Elsterbrücke den Rinnelberg hinauf, über den Kemmler führte.

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