- Sonntag, 29 Juli 2012, 01:18 Uhr | Lesezeit ca. 3 Min.
Kluge Köpfe mehren den Ruf Plauens
Spitzengeschichte 23
Schon sehr früh, stad Blawen (Plauen) erholte sich noch vom Dreißigjährigen Krieg, machten Bürger der jungen Stadt durch herausragende Leistungen auf sich aufmerksam. Einer der deutschen Frühdrucker, so nennt man die Pioniere der Polygraphie, entstammte einem Plauener Patriziergeschlecht: Andreas Betzel.
Noch während des Krieges hatte er Johann Fülle, einem gebildeten Schulmeister, im Jahr 1643 in Blawen eine dauerhafte Druckerei eingerichtet. Dessen Nachfolger, Johann Christian Meise, druckte 1681 das Werk “Astronomische Betrachtung des Großen Cometen” von Georg Samuel Dörffel (Dörffelstraße), der als Theologe und Astronom eine doppelte Beziehung zum Geschehen zwischen Himmel und Erde hatte. Darauf deutet wenigstens das Motto seines Buches: -Der Könige und Fürsten Rath und Heimlichkeit soll man verschweigen, aber Gottes Werk soll man herrlich preisen und offenbaren-. Zu dauerhaftem wissenschaftlichem Ruhm brachte es, dank seiner 1669 im Druck erschienenen Erkenntnisse über die Heilkraft des sauren Elsterwassers, der Plauener Stadtphysicus Georg Leißner (Leißnerstraße).
Er war Absolvent der Universität zu Wittenberg und Begründer der heilenden Therapie von Bad Elster. Aus solch markanten Anfängen entwickelte sich ein viertel Jahrtausend später, im Verein mit der Kunst des Druckmaschinenbaus von Ingenieur Robert Zahn, Plauen zu einem wichtigen Druckort in Deutschland. Im Voigtland, wie im ganzen sächsischen Kurfürstentum, galten noch lange und im Gegensatz zum Reich, stabile Post- und Verkehrsverbindungen nur als erstrebenswertes Ziel. Am 29. September 1721 erteilte deshalb Friedrich August I. von Sachsen (als August II., der Starke, war er zugleich König von Polen) dem voigtländischen Pfarrer und Geographen Adam Friedrich Zürner (Zürnerstraße) den Auftrag zur Vermessung der kursächsischen Land- und Hauptstraßen zur Anfertigung einer Poststraßenkarte (Bild1).
Zürner sollte später zum Chursächsischen Land- und Grentz-Commissarius aufsteigen. Zur Orientierung wurden entlang dieser Kommunikationsverbindungen an genau ermessenen Punkten steinerne Zeichen errichtet. Die Postmeilensäule, die 1721 in Plauen an der Steinernen Brücke aufgestellt wurde, gehörte aufgrund der Bedeutung der sich dort kreuzenden Handelswege zu den ersten in Sachsen. Während sich im Europa des 18. Jahrhunderts die Großmächte verheerende Kriege um ihre Vormachtstellungen lieferten, befand sich das Voigtland in einer Phase der politischen Stabilität und des wechselvollen wirtschaftlichen Aufschwunges. Auf die Not- und Hungerjahre von 1771/72 wurde mit der Einführung der an Fleisch und Wolle ergiebigeren spanischen Merino-Schafe reagiert. Bereits 1717 hatte in Sachsen, dreißig Jahre früher als in Preußen, der großflächige Kartoffelanbau begonnen, um die Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln zu sichern.
In der Schiffswerft Übigau bei Dresden wird 1838 die erste deutsche Lokomotive, die SAXONIA, gebaut. Konstruiert hatte sie ein Voigtländer. Bereits neun Jahre nach der Einrichtung der ersten, dem allgemeinen Verkehr dienenden Eisenbahnlinie der Welt (Manchester-Liverpool, 1830), stellte Sachsen die erste längere Eisenbahnlinie Deutschlands zwischen Dresden und Leipzig (115km) fertig. Auch das hatte zu tun mit dem Voigtländer, der die SAXONIA baute: Johann Andreas Schubert. Im Jahr 1851 wurden die beiden berühmten Viadukte des Konstrukteurs Schubert über die Täler der Göltzsch und der Weißen Elster fertig gestellt. Mit der Eisenbahn schaffte Deutschland den Anschluss zur Welt. Von Stund an mussten Plauener Baumwollherren und Fabrikanten Europa nicht mehr zu Pferde oder per Postkutsche bereisen. (ce)
Bild 1 – Adam Friedrich Zürner – Gentz-Commissarius
Bild 2 – Kursächsische Armsäulen, Vorläufer der Postmeilensäulen
Bild 3 – Die vier Arten Kursächsischer Postsäulen, wie sie von Zürner aufgestellt wurden
Fortsetzung folgt…..
Die Redaktion bedankt sich bei Achim Leißner für die Zuarbeit.
25.11.2008