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ratgeber
  • Dienstag, 30 Juni 2020, 11:14 Uhr | Lesezeit ca. 8 Min.

Weltinkontinenztag: Tabu-Thema Inkontinenz ist heilbar

Krankheitsbild wird im Plauener Klinikum fachübergreifend behandelt

Obwohl in Deutschland etwa acht Millionen Menschen an Inkontinenz leiden, ist das Thema ein Tabu. Viele Betroffene behalten ihr Problem für sich, weil sie sich schämen und alleine fühlen.

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Inkontinenz-Laparoskopische-OP-Urologie-Spitzenstadt-Vogtland-Klinikum Plauen.jpgDoch der Gang zum Arzt ist wichtig. Denn alle Inkontinenzformen sind behandelbar. Leidgeplagten Inkontinenz–Patienten wird im Helios Vogtland-Klinikum Plauen mit verschiedenen Therapien erfolgreich geholfen, darunter nun auch ein Schrittmachersystem, dass die Kontinenz wiederherstellen kann.

Ganz gleich, ob Harninkontinenz oder Stuhlinkontinenz- sprechen will darüber kaum jemand. Dabei ist Inkontinenz ein Zustand unter dem etwa 8 Millionen Menschen in Deutschland leiden. Inkontinenz- Betroffene versuchen lange Zeit, ihre gesundheitlichen Probleme zu verbergen. Einige greifen sogar zur Selbsttherapie.

Zur eigenen Belastung kommt die Scham, es fehlt der Mut mit dem Arzt darüber zu sprechen. Das ist wirklich verständlich, denn Inkontinenz betrifft die persönliche Intimsphäre, aber keineswegs zielführend, die Lebensqualität wird extrem eingeschränkt. Das muss nicht sein, denn alle Inkontinenzformen sind behandelbar.

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Worüber niemand gern spricht

Inkontinenz bedeutet, dass man Harn oder Stuhl nicht mehr halten kann – etwas davon geht unkontrolliert ab. „Die Ursachen und Risikofaktoren sind so verschieden, wie das Verhältnis der Geschlechter zur Inkontinenz. Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer“, erklärt Dr. med. habil. Wolfram Werner, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie.

Der Grund dafür, dass Frauen häufiger an einer Inkontinenz leiden als Männer, ist sowohl in der Anatomie der Frau – also dem Aufbau des Beckenbodens – als in den für Frau und Mann verschiedenen Risiken zu suchen. „Eine Inkontinenz wird immer als sehr unangenehm empfunden und lange, zu lange verschwiegen“, weiß Chefarzt Dr. Wolfram Werner.

„Dabei gibt es verschiedene Therapien, die eine Inkontinenz gut heilen oder zumindest die Lebensqualität immens verbessern können.“ Am Anfang steht dafür immer eine gründliche Diagnostik und einer dann auf den Betroffenen ganz individuell abgestimmten Behandlung, bei Frauen und bei Männern.

Frauen sind öfter betroffen

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„Zu mir kommen viele Frauen mit oft schon sehr langen Leidenswegen“, sagt Dr. med. Kosai Eskef, Chefarzt der Frauenklinik und Geburtshilfe. Der Gynäkologe weiß zu gut, dass Harninkontinenz überwiegend ein Frauenproblem ist. Als wesentliche Ursachen für eine Inkontinenz der Frau sind Geburten, das Alter sowie langfristige Belastungen des Beckenbodens, zum Beispiel bei Übergewicht oder chronischem Husten, bekannt.

Mit zunehmendem Alter gewinnt die Dranginkontinenz an Bedeutung: Bei der sensorischen Form täuscht die überempfindliche Blase vor, sie sei voll, obwohl sie dies noch gar nicht ist. Bei der motorischen Dranginkontinenz geht unwillkürlich Harn ab, weil sich der Muskel, der für die Entleerung der Harnblase zuständig ist, nicht kontrollierbar zusammenzieht.

Im gynäkologischen Bereich sind auch noch die Fisteln zu nennen. „Ihre chirurgische Therapie ist eine Herausforderung und erfordert eine besonders gewissenhafte Diagnostik und Planung der Operation“, informiert Chefarzt Kosai Eskef.

Nicht immer ist eine Operation nötig

Grundsätzlich sollten vor einer Operation die Risikofaktoren für eine Inkontinenz vermindert werden. So kann eine Beckenbodengymnastik, eventuell ergänzt durch eine Reizstromtherapie, eine Schwäche des Beckenbodens ausgleichen.

Auch eine Ernährungsumstellung kann zu einem geringeren Körpergewicht führen und damit die Inkontinenz verbessern. Ist die konservative Therapie bei einer Belastungsharninkontinenz nicht erfolgreich, kann eine Operation helfen: „In Narkose legen wir unter die Harnröhre Schlingen, vorzustellen als schmale Netzstreifen“, sagt Dr. med. Kosai Eskef.

Sollte eine Scheidensenkung zusammen mit einer Inkontinenz auftreten, muss je nach Ursache und Leidensdruck sorgfältig über Ausmaß und Abfolge der Operation beraten und entschieden werden. „Während sich die Belastungsinkontinenz erfolgreich operieren lässt, sind bei verstärktem Harndrang eher Medikamente erforderlich“, ergänzt der Chefarzt der Urologie, Dr. Wolfram Werner. Hilft die medikamentöse Therapie der überaktiven Harnblase nicht, kann das Einspritzen von muskelentspannenden Wirkstoffen in die Harnblasenwand erfolgreich sein.

Inkontinenz nur Frauensache?

Harninkontinenz kommt bei Männern bis etwa zum 50. Lebensjahr vergleichsweise selten vor. Dies hat vor allem eine natürliche Ursache im stabilen Schließmuskelmechanismus, der den Blasenhals, die gesamte Harnröhre und den äußeren Harnröhrenschließmuskel umfasst.

„Eine auftretende Stressinkontinenz beim Mann ist dadurch sehr selten und hat daher fast immer einen traumatischen Ursprung“, erklärt Dr. med. habil. Wolfram Werner. Der Urologie-Chefarzt ergänzt: „Inkontinenz kann auftreten, wenn der Harnröhrenschließmuskel geschädigt ist oder eine sogenannte überaktive Blase vorliegt.

Das betrifft Frauen ebenso wie Männer.“ Männer mit einer Prostatavergrößerung können auch von einer Überlaufinkontinenz betroffen sein: Sie verlieren immerzu kleinere Urinmengen, ohne dabei die Blase vollständig zu entleeren. Hier empfiehlt der Chefarzt eine direkte Beratung mit einem Facharzt.

Stuhlinkontinenz ist auch mit Neuromodulation behandelbar

Eine Stuhlinkontinenz kann durch verschiedene Erkrankungen bedingt sein. „Neben chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn kommen auch neurologische Erkrankungen als Auslöser in Frage. Ebenso können Tumore im Enddarm, eine Beckenbodenschwäche, stark ausgeprägte Hämorrhoiden oder Verstopfungen die Ursache darstellen“, erklärt Dr. med. Lutz Meyer, Chefarzt der Klinik für Allgemein,- Viszeral- und Thorax Chirurgie.

Der Schließmuskel kann aber auch durch Verletzungen nach Operationen oder einer Geburt beeinträchtigt werden: Sind Nerven geschädigt, kann dadurch auch die Wahrnehmung am Darmausgang gestört sein. Schließlich kommen auch bestimmte Medikamente wie Abführmittel, Antidepressiva oder Mittel gegen Parkinson als Ursache in Frage. Als Therapie können Methoden wie Beckenbodengymnastik, Elektrotherapie sowie ein Toilettentraining helfen.

Oftmals kann eine Stuhlinkontinenz aber auch allein durch eine ballaststoffreiche Ernährung schnell verbessert werden. Blähende Speisen sollten ebenso wie Alkohol und Kaffee vermieden werden. „Je nach Ursache sind vielfältige Therapien möglich“, erläutert Dr. med. Lutz Meyer. Um das Zusammenspiel von Beckenboden, Darm, Schließmuskel und Gehirn zu verbessern, arbeitet auch die Chirurgie mit einem in diesem Falle Darmschrittmacher.

Schrittmacher behandelt Inkontinenz?

Die Inkontinenz beruht meist auf einer Störung im fein abgestimmten System aus Blasenmuskulatur, Schließmuskeln und Beckenbodenmuskulatur. Der Grund können zum Beispiel Fehler in der Signalübertragung der beteiligten Nervenzellen sein. Dafür gibt es die Therapie der sakralen Neuromodulation, sprich Nervenstimulation mit einem Schrittmacher. „Beispielsweise haben wir in Zusammenarbeit mit der Urologischen Klinik des Hauses in diesem Jahr schon mehrfach Blasenschrittmacher erfolgreich implantiert “, informiert Professor Dr. med. Peter Hügler, Ärztlicher Leiter des interdisziplinären Zentrums der Neuromodulation.

Für den Laien erklärt: Der Beckenboden-Schrittmacher arbeitet ähnlich eines Herzschrittmachers. Er stimuliert mit leichten elektrischen Impulsen gezielt die für die Kontinenz zuständigen Nerven im Beckenbereich. „Der Schrittmacher ist eine Option für Menschen mit z.B. überaktiver Blase, denen Medikamente und andere Therapiemöglichkeiten keine Linderung bringen“, lässt Professor Hügler wissen.

Das kleine implantierte Gerät dirigiert einfach gekonnt die Nerven, die die Harnblase steuern. Und weil mit dieser Methode unterschiedliche Funktionsstörungen von Blase und Enddarm behandelt werden können, spricht man auch von einem Blasen,-Darm,- oder Beckenbodenschrittmacher.

Diese Therapie ist so erfolgreich, dass Sie als Teil unserer Gesundheitsversorgung von den Krankenkassen bezahlt wird“, informiert der Schmerzmediziner. Und auch Skeptikern der Implantation kann geholfen werden, denn: Bevor das kleine Gerät in den Körper implantiert wird, findet eine Probestimulation statt. Also erst testen, dann implantieren.

Ein Krankheitsbild fachübergreifend behandelt

Am Anfang jeder Therapie steht immer eine sorgfältige Diagnostik. Oft helfen schon ganz einfache Maßnahmen. Bereits mit einfachen Methoden wie Teststreifen kann eine durch Bakterien bedingte Harninkontinenz nachgewiesen werden. Wer harntreibende Blutdruckmedikamente einnimmt, kann diese eventuell gegen andere Wirkstoffe auswechseln. „Fragen zu Häufigkeit, Stärke und Tagesverteilung der Urinabgabe müssen mit einem Tagebuch ergänzt und beantwortet werden“, sagt der Chefarzt der Urologie Dr. Werner. Durch spezielle Druckmessungen lässt sich eine Belastungsinkontinenz von einer überaktiven Harnblase unterscheiden.

„Kompliziertere Formen der Inkontinenz bedürfen ausführlicherer Methoden der Diagnostik“, ergänzt Gynäkologie Chefarzt Dr.med. Kosai Eskef. So kann eine Blasenspiegelung oder Video-Urodynamik, bei der die Füllung und Entleerung der Blase untersucht wird, notwendig sein.

Sind Verletzungen der Wirbelsäule Ursache der Inkontinenz, gehören neurologische Untersuchungen zur Diagnostik. Zur Abklärung einer Stuhlinkontinenz sollten sich Betroffene vom Proktologen, einem Experten auf dem Gebiet von Erkrankungen des Enddarms, untersuchen lassen. Oft liegen gleichzeitig mehrere Ursachen vor. „Fast nie ist nur ein Organ allein betroffen. Daher sollte immer das gesamte System des Beckenbodens betrachtet und behandelt werden“, sagt Chefarzt Dr. Lutz Meyer.

Ziel aller Maßnahmen ist es immer, durch eine auf den einzelnen Patienten abgestimmte Diagnostik und Therapie den bestmöglichen Gesamterfolg zu erreichen. Am Plauener Klinikum arbeiten deshalb Spezialisten mehrerer Fachgebiete bei der Behandlung einer Inkontinenz zusammen: Gynäkologen, Urologen, Chirurgen und Neurologen sowie Radiologen, Schmerzspezialisten und Internisten. Das Klinikum ist als Beratungszentrum der Deutschen Kontinenz Gesellschaft zertifiziert. (helios plauen)

2020-06-30

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