- Freitag, 24 April 2020, 17:34 Uhr | Lesezeit ca. 3 Min.
So kämpfen die Hickmanns in Plauen ums Überleben
Alle kleine und große Volksfeste in den nächsten Wochen abgesagt
Sie sorgen eigentlich für Freude und Unterhaltung, doch den Schaustellern ist der Spaß in der Corona-Zeit gerade mehr als vergangen. Die Betreiber von Fahrgeschäften und Ständen bangen wegen der reihenweisen Absage kleiner und großer Volksfeste um ihre Existenz – spätestens seit der symbolträchtigen Absage des Oktoberfestes in dieser Woche. Große Sorgen macht sich auch die Schaustellerfamilie Hickmann aus Plauen.
Um den Umsatzeinbruch etwas zu kompensieren haben sie im Plauener Stadtteil Haselbrunn den wohl kleinsten Rummel aufgebaut. Nur der Autocooter der Familie passt nicht aufs Grundstück. Neben den Verkaufsständen haben sie auch einen Lieferservice auf die Beine gestellt und bringen auf Wunsch und ab einem Bestellwert von 20 Euro Schokofrüchte oder frisch gebrannte Mandeln auch nach Hause. Der Zuspruch ist da.
„Es ist aber kein Ersatz für die Volksfeste, es ist kein Ersatz für die Einnahmen, die uns fehlen, die uns verloren gehen. Wir versuchen einfach irgendwo unsere Firma damit etwas mehr über Wasser halten zu können. Ob es uns gelingt und wie lange es uns gelingt, das weiß wahrscheinlich heute keiner“, sagt Peter Hickmann.
Die letzten Einnahmen hatten die Hickmanns auf dem Weihnachtsmarkt in Plauen. Zu Ostern sollte die Saison für die Schausteller eigentlich wieder losgehen. Doch daraus wurde nichts. Das Ostervolksfest auf dem Festplatz in Plauen musste ebenfalls abgesagt werden. Der größte Rummel im Vogtland, das „Vogelschießen“ wird wohl ebenfalls abgesagt. „Herr Spahn hat ja gesagt, auf Volksfest kann man verzichten. Und das ist ein Schlag ins Kontor für uns Schausteller. Wir sind der Meinung: Auf ein Volksfest kann man nicht verzichten. Weil wir bringen Spaß und Freude, wir bringen ja Unterhaltung, wir bringen Abwechslung“, so Schausteller Peter Hickmann.
Ein kleiner Lichtblick für den Familienbetrieb: Die Plauener nehmen das Angebot im Grundstückseingang an. Auch wenn die Gäste das Signal senden: Ihr fehlt uns, kommt bei den Hickmanns trotzdem keine Volksfeststimmung auf. Sohn Felix hat 24 neue Fahrzeuge für den Autoscooter bestellt, die dieser Tage geliefert werden sollen. Jetzt versucht der 31-Jährige die Lieferung und damit auch den Beginn der Finanzierung hinauszuschieben. Die neuen Wagen sollten auf der diesjährigen Jubiläumsausgabe der „Annaberger Kät“ präsentiert werden. Doch auch die 500. „Kät“ wurde abgesagt. „Es ist viel investiert worden, es ist viel in Vorkasse gegangen. Die Gesundheit steht natürlich an erster Stelle, aber irgendwie muss es weiter gehen, es muss geholfen werden“, sagt Felix Hickmann.
Mehr als 5000 Schaustellerbetriebe in Deutschland wissen nicht, wie es weiter gehen soll. 55.000 Arbeitsplätze sind betroffen. Der Deutsche Schaustellerbund fordert von der Bundesregierung einen Rettungsschirm. Es wird gehofft, dass die Volksfeste nicht voreilig abgesagt werden. „Man kann Hygienebestimmungen durchsetzen, man kann Abstandsregeln einhalten, man kann die Karussells nur zur Hälfte besetzen, um den Abstand zu wahren, von anderthalb bis zwei Meter. Es sind viele Sachen möglich“, so Peter Hickmann. Solange sie nicht auf die großen Festplätze dürfen, werden die Hickmanns den kleinen Rummel vor ihrer Haustür weiter feiern, gemeinsam mit den Plauenern. (mr)
2020-04-24