- Montag, 28 Dezember 2020, 20:46 Uhr | Lesezeit ca. 9 Min.
Plauen süchtig: Lars Buchmann
Der bekannteste WbG-Plauen-Mieter über seine Liebe zu Plauen, zahlreiche Projekte und was ihn antreibt
Großes Jubiläum im Corona-Jahr: Seit 30 Jahren gehört die WbG Plauen zu den größten Wohnungsvermietern im Vogtland. Gefeiert werden konnte das dieses Jahr nicht richtig. In den letzten drei Jahrzehnten halbierte der Vermieter seinen Wohnbestand, investierte Millionen in die Modernisierung und baute neu, wie das Schmuckstück Marktstraße 9. Wohl zu den bekanntesten Mietern der WbG Plauen dürfte Lars Buchmann gehören. Die WbG-Mieterzeitung „Daheim“ hat ihn interviewt.
Lars Buchmann, gebürtiger Plauener, Erzieher im Grundschulhort der Rückertschule und nach eigener Aussage verliebt in seine Heimatstadt. Wer sich mit dem 40-jährigen Junggesellen unterhält, merkt schnell, dass er für Plauen brennt und seine Begeisterung gerne teilt, zum Beispiel mit seinen Ansichtskarten-Tauschfreunden, in seiner Facebook-Gruppe „Wir sind Plauener“, als Organisator diverser Ausstellungen, Mitwirkender bei Buchprojekten oder als Stadtführer.
Lars, deine Facebook-Gruppe „Wir sind Plauener“ ist die mitgliedstärkste der Region. Wie kam es denn überhaupt zur Gründung dieser Gruppe?
Oh, da muss ich etwas ausholen. Erstmal ist „Wir sind Plauener“ nicht die Gruppe mit den meisten Mitgliedern im Vogtland. Unsere aktuell rund 13.300 Mitglieder reichen aber zumindest für den Titel größte Facebook-Gruppe Plauens. Gegründet habe ich die Gruppe 2012. Da bin ich gerade selbst von meinVZ zu Facebook gewechselt, weil eine liebe Freundin, die im Ausland studiert hat, nur über diese Plattform kommuniziert hat. Da hab ich gesehen, dass man da auch Gruppen gründen konnte. Ich hatte schon bei meinVZ eine ähnliche Gruppe damals und dachte mir, dass ich auch einfach wieder eine Plauener-Gruppe mache, wo sich die Leute treffen und erzählen können. Ja, eigentlich war das erstmal so eine kleine Schnapsidee und am Anfang war das auch ganz simpel. Da war ja auch noch niemand weiter bei Facebook.
Aber irgendwie und irgendwann kamen dann doch ganz viele Mitglieder. Gab es dafür einen Auslöser?
Ja, irgendwann hatte ich mal ein paar historische Postkarten und Ansichten von Plauen eingestellt und das traf irgendwie den Nerv der Leute. Aufeinmal kamen ganz viele neue Mitglieder dazu und wollten unheimlich viele Bilder sehen und ihre Geschichten dazu erzählen. Das ging ein bisschen wie ein Lauffeuer durch Plauen, dass es eben diese Gruppe gibt, wo einer alte Bilder und Postkarten von Plauen zeigt und man in seiner Kindheit schwelgen und alte Erinnerungen teilen kann. Der Bann ist ungebrochen. Ich teile auch heute quasi noch täglich alte Ansichtskarten und die Leute haben unheimlich viel Wissen und Geschichten, die sie einfach gern mit anderen teilen.
Wie kamst du denn zu deiner Leidenschaft für alte Postkarten und Fotos von Plauen?
Es gibt ein Buch über Plauen, welches Anfang der 1980er erschienen ist. Dieser Farbband über Plauen stand bei uns zu Hause in der Schrankwand. Ich hab mir den oft angeschaut und war damals schon als kleiner Steppke davon fasziniert und konnte auch ungefähr zuordnen, wo was ist. Mit der Zeit hat sich das zu einer wahren Leidenschaft entwickelt. Zum Beispiel habe ich da-mals schon selbst begonnen, die Entwicklungen in Chrieschwitz, wo ich aufgewachsen bin, zu fotografieren und dokumentieren. Noch intensiver wurde es, als ich zu meiner Erzieherausbildung nach Waldenburg gegangen bin. Da habe ich eigentlich gelernt, was Heimat bedeutet. Ich habe gemerkt, wie sehr ich Plauen eigentlich liebe und wie sehr ich diese Stadt brauche. Zwei Jahre weg gewesen zu sein, hat mir gereicht und als ich wiedergekommen bin, kam gerade die große Ebay-Zeit auf. Da hatte ich Ansichtskarten von Plauen entdeckt und so fing ich an zu sammeln.
Wie groß ist nun mittlerweile dein Archiv?
Ja, das wüsste ich selbst auch gern. Ich kann es wirklich auch kaum schätzen, weil das mittlerweile so viel ist. Als ich das letzte Mal gezählt habe, waren es circa 8.000 Ansichtskarten und nochmal 2.000 – 3.000 Fotos. Da ist aber schon wieder einiges dazu gekommen und wir sprechen hier auch nur von den Sachen die von vor 1945 stammen. Aus der Zeit nach 1945 kommt auch noch einiges dazu. Neben Ansichtskarten und Fotos sammle ich auch alte Zeitungen, Bücher, alte 8-mm-Aufnahmen und so weiter. Sobald Plauen drauf steht, möchte ich es haben.
Wo bekommst du die ganzen Sachen her?
Wie schon gesagt: ursprünglich hatte ich fast alles über Ebay ersteigert. Da sind mittlerweile aber die Preise ziemlich in die Höhe geschossen, deshalb nutze ich das kaum noch. Aber es gibt auch unzählige weitere Plattformen im Netz, wo man Ansichtskarten kaufen kann, Tauschfreunde natürlich und gerade in letzter Zeit werde ich auch immer häufiger von Plauenern gefragt: „Ich hab da was, möchtest du das haben?“
Du bist ein richtiger Tausendsassa: Mitglied im Ausschuss für Wirtschaftsförderung der Stadt Plauen, Admin zahlreicher Facebook-Gruppen, Stadtführer, Organisator diverser Ausstellungen, … was treibt dich an?
Ganz klar, die Lust auf Plauen. Ich sag immer so ein bisschen lustig: „Ich bin Plauen-süchtig“. Ich liebe einfach diese Stadt und möchte etwas von dieser Liebe der Stadt und ihren Bewohnern zurückgeben und auch ein bisschen ein Feuer für Plauen anfachen. Denn es ist eine tolle Stadt und ich habe das Gefühl, dass sie oft zu Unrecht schlecht geredet wird. In meinen Augen stimmt das einfach nicht. Plauen ist toll!
Seit neuestem postest du nach jeder Stadtratssitzung eine kommentierte Zusammenfassung der Sitzung bei Facebook. Wieso?
Seit ich im Wirtschaftsförderungsausschuss bin, versuche ich auch immer bei den Stadtratssitzungen dabei zu sein, weil da natürlich auch Dinge entschieden und beschlossen werden, die wir vorher im Ausschuss diskutiert haben. Mir ist wichtig, dass ich auch einfach nochmal höre, was der Stadtrat dazu denkt. Ich fasse das bei Facebook zusammen, weil ich einfach möchte, dass die Bürger informiert sind. Die wenigsten Plauener schaffen es, bei Stadtratssitzungen dabei zu sein. Das beginnt bei der arbeitnehmerunfreundlichen Startzeit der Sitzungen von 15:30 Uhr und geht über die teils sehr langen Sitzungsdauern von 3-4 Stunden. Da muss man schon wirklich Zeit mitbringen und darf vielleicht auch nicht noch Familie zu Hause haben, die auf einen wartet. Außerdem gibt es keine Aufzeichnung der Stadtratssitzungen. Dadurch fehlt mir einfach die Transparenz. Der Plauener Bürger hat nach einer Sitzung keine Möglichkeit, zu sehen was die von ihm gewählten Vertreter im Stadtrat beschließen und entscheiden und kann daher auch so manche Entscheidung einfach gar nicht nachvollziehen. Und solange es keine Aufzeichnung der Sitzungen gibt, ist es mir wichtig, dass ich darüber berichte. Dafür bekomme ich auch wahnsinnig viel positives Feedback und werde auf der Straße angesprochen von Leuten, die sich bedanken, dass sie sich so über die Entscheidungen der Stadt informieren können.
Auch während der Corona-Krise bist du wieder als einer der ersten aktiv geworden und hast Nachbarschaftshilfe organisiert.
Wir haben mit der „Wir sind Plauener“-Gruppe schon mehrere „Krisen“ durchlebt und die Erfahrung gemacht, dass es in einer so großen Gruppe mit so einer Themenvielfalt recht schnell unübersichtlich wird und wichtige Beiträge auch einfach untergehen. Also habe ich, ganz zu Beginn der Corona-Krise, bei uns in der Gruppe eine kleine Umfrage gestartet, wie die Leute das sehen, ob wir eine eigene Plattform brauchen, um die verschiedenen Informationen und Hilfsangebote gebündelt kommunizieren zu können. Innerhalb kürzester Zeit gab es sehr viel Zuspruch, also hab ich die Gruppe gegründet und Jenny Haase mit ins Boot geholt, die sich vorrangig um das gesamte Thema Nachbarschaftshilfe kümmert. Anfangs sind viele Auswärtige an uns herangetreten, die ältere Verwandte in Plauen haben und gefragt haben, ob jemand Einkäufe oder andere Besorgungen übernehmen kann. Das konnten wir immer sehr schnell organisieren und auch hier hat sich wieder die ungemeine Hilfsbereitschaft und Solidarität vieler Plauener gezeigt, die ich an dieser Stadt so liebe.
Und was ist dein Part?
Einerseits habe ich die Plattform zur Verfügung gestellt und andererseits habe ich mir gedacht, mach ich mal einfach das, was ich am besten kann. Ich bin Erzieher und denke, dass ich ganz gut mit Kindern kann. Und gerade für unsere kleinen Plauener ist die jetzige Zeit eine ganz besonders schwere. In meinen Augen sind sie kleine Helden, denn sie müssen wahnsinnig viele Ein-bußen hinnehmen, können nicht in die Schule oder Kita, können ihre Freunde nicht sehen, nicht auf den Spielplatz und so weiter. Und da finde ich es wichtig, für die Kinder da zu sein und sie in dieser Zeit auch einfach etwas abzulenken und mit schönen Dingen zu erfreuen. So haben wir in Zusammenarbeit mit verschiedenen Plauener Einrichtungen mehrere Malwettbewerbe veranstaltet, bei dem wirklich jedes Kind auch einen kleinen Preis bekommen hat. Darüberhinaus hatte die WbG uns Malbücher und Memorys zur Verfügung gestellt. Die hatte ich in der Gruppe eingestellt und wer wollte, konnte sich melden und ich habe die Sachen mit dem Fahrrad in die verschiedenen Briefkästen verteilt. Und schließlich gibt es noch die Vorlese-Geschichten per Video. Da hatte mich ein Hort-Vater auf die Idee gebracht, der fragte ob ich den Kindern nicht mal einen kleinen Gruß senden könnte. Einfach nur ein Video mit „Hallo, wie gehts?“ fand ich gut, aber ich wollte noch ein bisschen mehr und hab gedacht so eine Vorlesegeschichte wäre doch cool. Und wenn ich einmal für meine Hortkinder vorlese, kann ich ja eigentlich auch für alle vorlesen. So habe ich angefangen jeden Abend eine neue kleine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen, die die Kinder bevor sie ins Bett gehen auf You-Tube anhören können.
Lieber Lars, vielen Dank für dieses spannende Interview und dass du uns an deiner Begeisterung für Plauen und seine Einwohner teilhaben lässt! (text&foto:wbg plauen)
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2020-12-28