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Plauen Nachrichten
  • Montag, 12 Januar 2009, 23:48 Uhr | Lesezeit ca. 4 Min.

Plauen begeht „20. Jahrestag der Friedlichen Revolution“

  Wir sind das Volk Vor 20 Jahren fiel die Mauer. Plauen im sächsischen Vogtland war die erste ostdeutsche Stadt, in der die Bürger gemeinsam auf die Straße gingen und friedlich gegen das herrschende System protestierten. Andere Städte folgten. Die erste große Demo aber, die war in Plauen.

2009 – 20 Jahre später – begehen die Plauener den Jahrestag mit vielen Veranstaltungen.

1989: Es ist der 7. Oktober. Plauen, Theaterplatz, 15 Uhr. Tausende drängeln sich auf diesem Fleck, protestieren für die Freiheit. In Sprechchören rufen sie „Wir sind das Volk“ und machen deutlich, dass sie „Keine Gewalt“ wollen und auch keine anwenden. Der amerikanische Historiker John Connelly sagt später dazu, „Plauen war die erste ostdeutsche Stadt, die einen geeinten Willen zur Wende ausdrückte“. Einen Tag vor Dresden, zwei Tage vor dem berühmten Montag in Leipzig. Superintendent Thomas Küttler bezeichnet diese erste große Zusammenkunft in Plauen als „auslösenden Funken“. Ja, es ist der auslösende Funke für den Flächenbrand, der die damalige DDR erhitzt.

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Küttler ist es auch, der die drohende Eskalation der beiden Fronten während dieses ersten großen Protestes verhindert. Die Fronten – das sind Bürger auf der einen und Staatsdiener auf der anderen Seite. Die letztgenannten wollen die Zusammenkunft, die friedlich ist, mit allen Mitteln verhindern. Setzen Wasserwerfer ein. Marschieren in voller Montur auf. Küttler wird ein Megaphon gereicht, steigt auf das Geländer des Rathauses und ruft zum Gewaltverzicht auf. Erfolgreich.

Jugendliche weisen Wahlfälschung nach

20 Jahre ist es nun her, dass die Trennung Deutschlands Geschichte ist. Mutige Bürger wehrten sich tatkräftig gegen das Regime, und gerade in der vogtländischen Stadt Plauen wurde viel bewegt. Ab Januar werden in und um Plauen viele Ausstellungen, Dokumentationen und Events an die historischen Ereignisse 1989 erinnern.

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Überall in Ostdeutschland machte sich damals Unruhe breit, und vor allem in Plauen passierte viel. Oppositionelle Jugendliche beobachten die Wahlbeteiligung im Mai des Jahres 1989 und reichen kurz darauf einen Einspruch gegen das Endergebnis der Stadtverordnetenwahl ein. Denn – es stimmt nichts. Das ist offensichtlich. Die Zahlen sind gefälscht.

Im restlichen Deutschland macht sich zum selben Zeitpunkt eine Ausreisewelle breit, die auch vor der Spitzenstadt nicht Halt macht. Die Plauener sind aufgerüttelt, trauen sich, den Mund aufzumachen. Flugblätter machen die Runde, laden ein zur großen Protestdemo auf dem Theaterplatz – am 7. Oktober. Die Plauener wollen, was fast alle in der DDR wollen – Meinungs- und Pressefreiheit, Reisefreiheit, Versammlungs- und Demonstrationsrecht. Alle sollen mitmachen, ausdrücklich steht geschrieben: „Überwindet Eure Lethargie und Gleichgültigkeit! Es geht um unsere Zukunft!“

Eine Sache der Massen

15.000 Bürger nehmen diesen Aufruf Ernst und kommen. Das ist es auch, was Connelly, der Forscher aus den USA, fasziniert feststellt: „Plauen war die einzige Stadt, in der der ostdeutsche Ausbruch eine Sache der Massen war.“ Das ist es auch, was Superintendent Thomas Küttler bewundert – wie diese Menschenmenge ohne jede Organisation und Leitung zu einem einheitlichen Handeln fand.

Nach der Kundgebung setzt sich der riesige Zug in Bewegung. Das ist die erste Demo. Bis zum 17. März 1990 folgen 21 weitere Demonstrationen.

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Ehrenbürgerschaft für Thomas Küttler

Im Oktober dann erhält Thomas Küttler für sein couragiertes Verhalten bei der ersten Demo und für seine weitere Mitwirkung an der Umgestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse verdientermaßen die Ehrenbürgerwürde. Denn Küttler steht hinter den Bürgern, ist von der Reformnotwendigkeit felsenfest überzeugt. So überzeugt, dass er bereits im Oktober 1989, noch vor den ersten Demos, seine Einladung zur 40-Jahr-Feier in der Festhalle ausschlägt. Er sagt: „Eine Teilung des Vaterlandes ist für mich kein rechter Grund zu feiern.“ Auch eine Zusammenkunft der Oppositionellen, die sich in der Markuskirche treffen, lässt er zu. Und das, obwohl der damalige Oberbürgermeister der Stadt ausdrücklich verlangt, er möge dieses Treffen doch bitte verbieten.

Dies alles und noch viel mehr ist nachzulesen im Buch „Die Wende in Plauen – Eine Dokumentation“, das von Thomas Küttler zusammengestellt und kommentiert ist. Erschienen ist es im Vogtländischen Heimatverlag Neupert.

Service:
www.plauen.de/wende1989

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