- Donnerstag, 12 März 2020, 21:59 Uhr | Lesezeit ca. 5 Min.
Weiße Elster zur „Flusslandschaft des Jahres 2020/21“ gewählt
Wichtigster Fluss in Mitteldeutschland
Der gemeinsame Beirat für Gewässerökologie hat mit dem Deutschen Angelfischerverband und den Natur-Freunden Deutschlands die Weiße Elster zur „Flusslandschaft des Jahres 2020/21“ gewählt. Obwohl die Weiße Elster als der wichtigste Fluss Mitteldeutschlands gilt, ist ihr Name eher unbekannt.
Der 257 Kilometer lange Fluss entspringt südöstlich der Stadt Aš in der Tschechischen Republik, wo er „Bélý Halštrov“ heißt. Er mündet bei Halle in die Saale und durch diese über die Elbe bis in die Nordsee. Der Name „Weiße Elster“ hat im Übrigen nichts mit dem schwarz-weißen Rabenvogel zu tun. Im Slawischen heißt „Alstrawa“ „die Eilende“, daraus wurde später „Elster“.
Sie durchfließt bedeutende Großstädte in den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt und hat ein Einzugsgebiet von etwa 5.300 Quadratkilometern, in dem mehr als 1,5 Millionen Menschen leben. Die offizielle Proklamation ist für den 21. März 2020 in Gera geplant – ein Tag vor dem Welt- wassertag.
Alle 2 Jahre gibt es die Auszeichnung „Flusslandschaft des Jahres“. Damit soll auf die ökologische, ökonomische und soziokulturelle Bedeutung der Flüsse und der sie umgebenden Landschaften aufmerksam gemacht werden.
Um die komplexen ökologischen Zusammenhänge des jeweiligen Fließgewässers mit seiner Umwelt zu erfassen, wird explizit eine Flusslandschaft gewürdigt und nicht allein der Fluss. Mit der Auszeichnung möchte man Maßnahmen zur Erhaltung, zum Schutz und zur Renaturierung von Flusslandschaften und ihren Lebensgemeinschaften initiieren. Auch das Wiedererreichen einer hohen Durchgängigkeit und naturnahe Wander- und Erholungsgebiete sollen gefördert werden.
Im Kampagnenzeitraum geplant sind unter anderem:
• die Initiierung von regionsübergreifenden Projekten zur Stärkung der Gewässerstrukturvielfalt
• die Ausweisung von sogenannten Natura Trails in den Natura-2000-Gebieten der Kernhandlungsräume Plauen, Gera und Zeitz
• verstärkte Besatzmaßnahmen und Fischansiedlung im Einzugsgebiet der Weißen Elster
• Verknüpfung bestehender Angebote des sanften Tourismus durch gemeinsame Veranstaltungen, wie zum Beispiel Radtouren oder geführte Wanderungen
• umweltpädagogische Angebote, zum Beispiel eine Wanderausstellung zur Weißen Elster und Flussperlmuschel sowie einen Filmvortrag über den Fluss
• Naturschutz-Aktionen, wie einen Müllsammeltag
• Entwicklung des Elsterradweges zu einer familienfreundlichen Parallelroute des Deutschlandradweges Ostsee – Oberbayern (D9)
So vielfältig wie die Landschaftsräume, durch die die Weiße Elster fließt, sind auch die Habitate und ihre pflanzlichen und tierischen Bewohner. Insgesamt acht verschiedene FFH-Gebiete durchquert der Fluss in seinem Verlauf.
Das FFH-Gebiet „Saale-, Elster-, Luppe-Aue zwischen Merseburg und Halle“ ist beispielsweise durch Kalk-(Halb-)Trockenrasen und Steppenrasen geprägt. Hier lassen sich verschiedene besonders schützenswerte Orchideenarten ausfindig machen. Biber, Fischotter, Mopsfledermaus und das Graue Mausohr sind hier zu Hause. In den Uferzonen tummeln sich Vertreter der Rotbauchunke und des Nördlichen Kammmolches.
Engagierten ehrenamtlichen Naturschützern ist es zu verdanken, dass einzelne Exemplare der Flussperlmuschel in den Nebenbächen der Weißen Elster bis heute überlebt haben. Der Fluss war früher eines der Gebiete mit den größten Flussperlmuschel-Vorkommen weltweit. Die etwa 10 Zentimeter große Muschel kann bis zu 100 Jahre alt werden. Zahlreiche Perlen der sächsischen Könige stammen vom Oberlauf der Weißen Elster.
Durch Rückansiedlung und aktive Schutzmaßnahmen konnten sich entlang der Zuflüsse und in der Weißen Elster die stark gefährdeten Bestände der Flussperlmuschel erholen. Dieser ökologische Erfolg konnte durch die Ausweisung des Erlebnispfads zur Flussperlmuschel einer breiten Öffentlichkeit sichtbar und bewusst gemacht werden.
Ursprünglich besaß die Weiße Elster einen mäandrierenden Gewässerverlauf. Durch die Erschließung von Ackerflächen und die Vergrößerung der Siedlungsbereiche im südlicheren Flussgebiet wurde das Gewässer in seinem Lauf verändert. Die Maßnahmen führten zu veränderten, trockeneren Standortbedingungen. Im nördlichen Gebiet der Flusslandschaft erfolgten Hochwasserschutzmaßnahmen, die den Verlauf der Weißen Elster begradigten.
1973 verschwand das ursprüngliche Flussbett der Weißen Elster südlich von Leipzig samt der dazugehörigen Auenlandschaft. Die Verlegung des kompletten Flusslaufs erfolgte, um Platz für den Braunkohle-Tagebau zu gewinnen. Der neu geschaffene über 10 Kilometer lange Flussabschnitt zwischen Zwenkau und Hartmannsdorf heißt im Volksmund „Betonelster“. Der Ausstieg aus Uranförderung und der beschlossene Ausstieg aus der Braunkohleförderung werden die Region in den nächsten Jahren neu prägen.
Die Flusslandschaft der Weißen Elster hat ganz offensichtlich ihre Reize. Geschwungene Hügel, bunte Felder, beschauliche Vogtland-Dörfer und dunkle Wälder ziehen immer mehr Menschen an. Insbesondere der Radtourismus stellt im gesamten Flusslauf einen wichtigen Nutzungsfaktor dar.
Mit dem ausgebauten Elsterradweg und dem angeschlossenen Flussperlmuschelwanderweg im Oberlauf ist die Region wie durch ein „blaues Band“ verbunden. In Thüringen, wo ein Großteil ihres Mittellaufes liegt, stellt sich die Weiße Elster als gewässergeprägte Landschaft zwischen dem hügeligen Wald, den Offenlandschaften des Vogt- und Holzlandes und dem Altenburger Osterland dar.
Im Norden laufen die hügligen Landschaften zunehmend in breite Senken über. Die ausladenden Flusstäler der weißen Elster, der Unstrut und der Saale prägen die Region im Burgenlandkreis. Es schließt sich die Beckenlandschaft der Leipziger Tieflandbucht und nachfolgend des breiten Saaletals mit dem Mündungsgebiet an. Im Unterlauf führen mehrere thematische Rad- und Wanderrouten durch die Flusslandschaft.
Von Leipzig kommend treffen sich alle beschilderten Radrouten an der Elsterbrücke bei Kleindalzig. Dort verlassen Elsterradweg und Neuseenland-Radroute das Zwenkauer Land und führen über Wiederau nach Pegau in den Süden.
Alle Naturfreunde, Angelvereine, Wassersportler und andere Gewässernutzer wünschen sich für die Weiße Elster als Freizeit- und Urlaubsort gemeinsam einen behutsamen Umgang, dass auch kommende Generationen noch am Elsterstrand beieinander sitzen können. (text/foto: peter seibt naturfreunde plauen)
2020-03-12