- Dienstag, 12 Oktober 2021, 13:14 Uhr | Lesezeit ca. 4 Min.
Gastronomie im Vogtland: Mangel an Fachkräften
Chance? Rekrutierung von Mitarbeitern aus dem Ausland
Woher Mitarbeiter nehmen? Das ist eine der drängendsten Fragen für viele Unternehmer aus Hotellerie, Gastronomie und Freizeitwirtschaft. Die Situation einfach klagend hinzunehmen – das ist nicht die Strategie der Teilnehmer, die sich am 6. Oktober im Schalander auf dem ehemaligen Gelände der Sternquell-Brauerei eingefunden hatten, um sich über Wege zur Stabilisierung des Mitarbeiterbestands zu informieren und auszutauschen.
Initiiert wurde dieses Treffen im Hotel- und Gaststättengewerbe auf Initiative der Sternquell-Brauerei Plauen GmbH und der IHK Regionalkammer Plauen. „Wir möchten nicht schon vier Wochen vorher anrufen, wenn wir Essen gehen wollen” – machte Jan Gerbeth, Geschäftsführer der Sternquell-Brauerei, auf die Situation von verringerten Öffnungszeiten, Ruhetagen oder gar Schließungen aufgrund der Personalknappheit in vogtländischen Gastronomiebetrieben aufmerksam. „Das Vogtland als lebens- und liebenswerte Region bleibt uns nur, wenn auch die Gastronomie funktioniert”. Mit diesen Worten umfasste Sina Krieger, Geschäftsführerin der IHK Regionalkammer Plauen, die Rolle von Hotel-, Gastro- und Freizeitwirtschaft als weicher Standortfaktor.
Ziel der Zusammenkunft mit rund 30 Teilnehmern war es, Unternehmer der Branche an einen Tisch zu bringen und dabei Wissen zu bestimmten Projekten und Engagements zu teilen. Deshalb waren in die Gesprächsrunde auch Akteure eingebunden, die in den Bereichen Mitarbeiterfindung, Berufsorientierung und Integration ausländischer Arbeitnehmer bereits Projekte durchführen.
Den Blick über den Tellerrand gewährte Susann Hüllebrand-Thiel von der AWO Soziale Dienste Vogtland gGmbH, die über ihre Erfahrungen mit vietnamesischen Auszubildenden im Pflegebereich berichtete. Deutlich wurde, dass Unterstützung der jungen Vietnamesen in allen Lebensbereichen und eine intensive Betreuung auf ihren Schritten in die Arbeit und in eine ganz andere Lebenswelt nötig sind. Die AWO tut dies sehr engagiert, was dazu führt, dass derzeit neben 25 Deutschen auch 20 Vietnamesen eine Pflege-Ausbildung machen. Annett Schmidt, Geschäftsführerin der Fördergesellschaft für berufliche Bildung Plauen – Vogtland e. V., bekräftigte aus ihrer Erfahrung den erheblichen Aufwand solcher Projekte: „Die menschlichen und zeitlichen Ansprüche sind hoch.”
Das „Vogtländische Netzwerk für Arbeitskräfte international” wurde von Dr. Sigrid Müller vorgestellt. Über das seit 2018 bestehende Projekt der Fachkräfteallianz kommen italienische Fachkräfte zur Arbeitserprobung in vogtländische Hotels. „Geeignete Interessierte zu finden – da steckt viel Arbeit drin”, so die ehrlichen Worte von Frau Dr. Müller. Das gehe nur mit einem guten ausländischen Partner. Bündnispartner in Norditalien ist der Verein Eurocultura. Kaum einem Italiener sagt das Vogtland etwas, so ihre Erfahrung, umso wichtiger für die Projektarbeit wäre auch, die Region dort bekannt zu machen.
Attraktiv für italienische Arbeitskräfte sind unbefristete Arbeitsverträge, da die Tourismusarbeit im Heimatland stark saisonal geprägt ist. Natürlich hören das Kümmern und die Integration nach der Festanstellung nicht auf, damit diese Menschen ihren Platz im Vogtland und im Team des Betriebes finden. Das Projekt geht nun in die dritte Phase und wurde seitens der Fachkräfteallianz zunächst bis 2023 bestätigt.
Jeannette Haase-Pfeuffer vom Arbeitsmarktmentoren-Projekt der Bildungsinstitut Pscherer gGmbH gewährte Einblick in die Integrationsarbeit für Geflüchtete. Diese und andere Menschen mit Migrationshintergrund erhalten auf Wunsch von den Arbeitsmarktmentoren Begleitung und Unterstützung, die notwendig ist, um im neuen Land und im neuen beruflichen Umfeld zurecht zu kommen und Anschluss in unsere Gesellschaft zu finden. „Wir betreuen derzeit 28 Staatsangehörigkeiten”, berichtet sie. Gerade im Bereich Gastronomie arbeiten Viele, die vom Projekt begleitet werden.
Die Einbindung ausländischer Arbeitskräfte ist ein Weg, jedoch keine Ad-hoc-Lösung zur Stabilisierung der Personalsituation – so das Resümee des Arbeitstreffens. Allen ist klar, dass die Eingliederung dieser Menschen in den Arbeitsalltag der HOGA-Betriebe für jeden Beteiligten eine enorme Herausforderung darstellt. Die Hinzugezogenen vor allem langfristig in den hiesigen Unternehmen zu binden, ist mit großem Aufwand verbunden. Wichtig sind der „Kümmerer” als vertrauensvoller Ansprechpartner vor Ort und eine gelebte Willkommenskultur.
Weitere Arbeitstreffen mit Vertretern der Hotel- und Gaststättenbranche zur Mitarbeiterthematik, z.B. zum Thema Berufsorientierung und Azubi-Rekrutierung, sind seitens der IHK geplant.