- Sonntag, 29 Juli 2012, 01:47 Uhr | Lesezeit ca. 2 Min.
Der Lebende unter den Toten
Spitzengeschichte 07
Kein Wunder bei den damaligen hygienischen Verhältnissen, dass sich der Schwarze Tod, damals „pestilentia maxima“ und „mortalitas magna“ genannt, in Windeseile ausbreitete. Nach 1347 wütete die Pest in Europa besonders toll. Etwa 25 Millionen Menschen starben, das entsprach ungefähr einem Drittel der Bevölkerung auf dem Kontinent.
Die mittelalterliche Medizin kannte kein Heilmittel. Ärzte empfahlen zum Beispiel, die Kranken hoch zu lagern, damit sie die Luft nicht „verpesteten“. Auch Aderlass, saure Speisen und starke Duftstoffe wurden verordnet. Um Ansteckung zu vermeiden, benutzten die Ärzte Stöcke bei der Untersuchung und trugen Masken.
Doch selbst in solch trostlosen Zeiten kam es vor, dass mal jemand mehr Glück als Verstand hatte. In Plauen ist 1463, als die Pest in der Stadt wütete, ein pfiffiges Männlein dem Tod von der Schippe gesprungen. So berichtet es jedenfalls die Neupertsche Chronik. „Ist ein großer Sterb gewesen“, steht dort zu lesen. Der Totengräber hatte alle Hände voll zu tun, auch in der Neustadt. Doch mitten in seinem traurigen Tagewerk passierte ihm etwas schier Unfassbares: „… und ist ein Schefer, Nicol Reifenteufel genandt, schlafend … gefunden worden, von dem Todengräber aufgeladen und auf dem Kirchhoff unter die Todten geworfen. Da er nun erwachet und ausgeschlafen, er mit seiner Sackpfeife heraus und aufgeblasen, darüber der Todtengräber fürchterlich erschrocken. Der Schefer hat aber noch viele Jahre gelebt.“
Sicher hat der Leicheneinsammler nicht gerade zimperlich zugepackt, und bestimmt wurde die Fuhre auf dem rumpelnden Karren gehörig durcheinander geschüttelt. Dass der Schäfer davon nicht wach wurde? Möglicherweise schlief der Mann ja tatsächlich wie ein Bär. Vielleicht aber hat der Erzähler auch ein klein wenig geflunkert. PbK
Pestschutz: Die Ärzte um 1720 waren überzeugt, dass sich die Pest durch die Luft verbreitet (eine Annahme, die ja nicht völlig aus der Luft gegriffen ist). Als Schutz gegen die Krankheit erfanden sie seltsame Masken, oft in der Form von Vogelschnäbeln, die mit wohlriechenden Substanzen gefüllt waren.
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